Wie kommen wir zu langlebigen Produkten und welche Geschäftsmodelle brauchen wir dazu? Welche politische Rahmenbedingungen sind für eine Kultur des Reparierens? Und ist der Ansatz einer Kreislaufwirtschaft überhaupt möglich? Diesen Fragen stellte sich eine Veranstaltung am 20. September 2020 in der Robert-Jungk-Bibliothek im Rahmen der Reihe „JBZ-Zukunftsbuch“. Dem Vortrag von Sepp Eisenriegler (im Bild mit Moderator Hans Holzinger), dem Geschäftsführer des Reparatur- und Service-Zentrum Wien, folgte ein Runder Tisch mit VertreterInnen von Stadt und Land Salzburg. Hier ein Bericht sowie der Link zu dem auch Online übertragenen Vortrag von Sepp Eisenriegler auf JBZ TV. Das Video zum Runden Tisch mit Angelika Brunner, Michael Loderbauer, Bettina Wimmer, Andrea Hohenwarter und Christian Reiser kann hier angesehen werden.

Der Ressourcenverbrauch hat sich global seit den 1970er-Jahren verdreifacht. Die Elektroschrott-Mengen in der EU haben sich in dieser Zeit vervierfacht. Elektroaltgeräte sind der am meisten wachsende Abfallstrom. So einige alarmierende Fakten von Sepp Eisenriegler, in maßgeblich am neuen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft der Europäischen Union mitgewirkt und den Sammelband „Kreislaufwirtschaft in der EU. Eine Zwischenbilanz“ herausgegeben hat. 2025 werde es keine Geräte mehr am Markt geben, die nicht zu reparieren sind, prognostizierte der Experte. Die zentralen Hürden für einen sorgsameren Umgang mit Rohstoffen sieht Eisenriegler in den verführerischen Botschaften der Werbung, die zum Kauf immer neuerer Produkte animieren und in der bislang fehlenden Ordnungspolitik. Neben bedeutend höheren Recyclingquoten werden durch die EU zukünftig auch neue Richtlinien für das Design von Produkten und ein Reparatursigel vorgeschrieben werden. Und gegen den geplanten vorzeitigen Verschleiß von Geräten werde es Tools geben, die eine entsprechende Überprüfung von Produkten ermögliche.

In dem folgenden Runden Tisch ging es um die Abfallsituation im Land und in der Stadt Salzburg. Der Rückbau des Abfallkommens sei bisher keineswegs gelungen, bestätigten Angelika Brunner vom Land Salzburg sowie Michael Loderbauer vom Abfallservice Salzburg. Mit dem Reparaturbonus des Landes, der sehr gut angenommen wird, soll der Elektrofachhandel angeregt werden, das Reparieren von Geräten zu forcieren. Notwendig seien reparierfähige Geräte sowie ein Bewusstsein der KonsumentInnen für den Wert von Gütern. Dieses zu stärken, ist auch das Anliegen eines Projektes des Abfallservice der Stadt., das den Weg von Abfällen transparent macht, berichtete Bettina Wimmer. Eine neue Kultur des Reparierens zu fördern und zu etablieren, darauf zielen die Repair Cafes, die es mittlerweile in zahlreichen Städten gibt, so Andrea Hohenwarter und Christian Reisinger vom Bewohnerservice Lehen, die das Reparatur Café der Stadt Salzburg aufgebaut haben. Interessierte können in diesen unter fachlicher Anleitung ihre Geräte reparieren.

Der Abend machte deutlich, dass mittlerweile erste Ansätze in Richtung einer Kreislaufwirtschaft existieren, dass wir aber noch lange nicht am Ziel sind. Ordnungspolitische Maßnahmen und neue Standards für Produkte sind hierfür ebenso notwendig wie die Ausbildung von Reparaturfachkräften sowie generell ein neuer Bezug zu Gegenständen. Dass eine Rückkehr zum Reparieren nicht nur ökologisch Sinn macht, sondern auch eine arbeitsmarktpolitische Chance für sozialökonomische Betriebe, die Langzeitarbeitslose qualifizieren, darstellt, machte Peter Ruhmannseder von arbeit+ deutlich. Im Unternehmen „Schmaus & Browse“ werden beispielsweise alte PCs wieder flott gemacht. Die Plattform „refurbed“ vertreibt gebrauchte Smartphones und Handys an.

Die Veranstaltung wurde gefördert von der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung. Für die technische Betreuung der Online-Übertragung, das Schneiden der Videos und die Fotos danken wir Carmen Bayer.