Können digitale Technologien helfen, den Klimawandel einzubremsen? Dieser Frage stellte sich Christopher Frauenberger in der 157. Montagsrunde am 18. Jänner 2021 in der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen. Seine Antwort war ambivalent: Digitalisierung biete Chancen, berge aber auch Risiken. Hier der Link zu JBZ TV. Und untenstehenden ein Bericht.

Den Möglichkeiten von Effizienzsteigerungen sowie der Anregung zu einem umweltfreundlicheren Verhalten etwa durch Öko-Apps stehe die „Materialität des Digitalen“ gegenüber, so der Professor am Center for Human-Computer-Interaction der Universität Salzburg. Anwendungen zur Prozessoptimierung gäbe es bereits in der Landwirtschaft, beispielsweise durch die genaue Erfassung der Bodenfeuchtigkeit oder des Nährstoffgehalts von Äckern, die eine passgenauere Düngung erlauben. Bekannt und erprobt seien Ansätze, Mobilitätsströme und Logistikabläufe mittels Datengenerierung zu optimieren. Gehofft werde auch auf autonomes Fahren, um die Unfallgefahr zu verringern, auch wenn die beste Strategie gegen Unfälle darin liege, die Zahl der Autos auf den Straßen zu verringern, so der Experte. Sogenannte „persuasive Technologien“, die uns via Rückmeldungen auf unseren Smartphones anhalten, uns ökologischer zu verhalten, bezeichnete Frauenberger zumindest als diskussionswürdig. Es stelle sich die Frage, wie weit wir uns durch Technologien manipulieren lassen wollen, andererseits zeige das Konzept des „Nudging“ durchaus Erfolge – gemeint sind damit Stupser, die unser Verhalten beeinflussen.

Energieverbrauch der Digitalisierung steigt

Die Datencenter wachsen mit der Anzahl der Datenströme rasant an. Diese Anlagen haben Größendimensionen von zehn und mehr Fußballfeldern. Der Energieverbrauch des Internet entspreche mittlerweile jenem der weltweiten Schifffahrt und jener des Luftfahrtsektors, so Frauenberger. Das „Internet der Dinge“ werde den Energieverbrauch weiteranheizen. Prognosen würden von 125 Milliarden vernetzter Geräte bereits im Jahr 2030 sprechen, was im Durchschnitt weltweit 15 Geräten pro Kopf entspräche. Groß ist auch der Stromverbrauch der Blockchain-Technologien, auf denen Kryptowährungen basieren. Allein der jährliche Energiefußabdruck von Bitcoin entspräche jenem von ganz Österreich. Derzeit bremsen die Effizienzsteigerungen der Anlagen, etwa im Bereich der Kühlung der Datencenter, den Energieverbrauchsanstieg, doch die Sparpotenziale seien hier bald ausgereizt, warnte Frauenberger. Der Experte verwies auf einen weiteren nichtnachhaltigen Trend: den Anstieg des Konsumwachstums durch Onlinewerbung. Immer mehr Konsumentendaten würden gesammelt, um potenzielle Käufer zielgenau ansprechen zu können. Frauenberger verwies in diesem Zusammenhang auf die Warnungen der US- Wirtschaftswissenschaftlerin Shoshanna Zuboff vor einem „Überwachungskapitalismus“

Technik erfordert Politikgestaltung und Bewusstseinsbildung

„Technik ist weder gut noch schlecht, aber nie neutral“ – damit betonte Christopher Frauenberger die Notwendigkeit von Technikpolitik. Politik müsse sich in die Technik einmischen und umgekehrt müsse Technik sich als politisch begreifen, so der Experte, der für demokratische Aushandlungsräume warb. Dass Politik und Zivilgesellschaft durchaus etwas erreichen können, machte Frauenberger abschließend an einigen Beispielen deutlich. Aufgrund des öffentlichen Widerstands wird ein geplanter Google-Stadtteil in Toronto, in dem zahlreiche Daten der Bürger und Bürgerinnen erfasst werden sollten, nun doch nicht gebaut. In San Francisco wurde die Gesichtserkennung im öffentlichen Raum aufgrund von Protesten verboten. Ebenfalls in den USA hätten sich Programmierer geweigert, Software für automatisierte Waffen zu entwickeln. Wichtig sei auch Technikbildung. In einem von Frauenberger mit Kollegen und Kolleginnen erstellten Kurs werden an der Technischen Universität Wien junge Informatik-Studierende für die gesellschaftsrelevanten Aspekte von Technologien sensibilisiert. In einem in den Medien veröffentlichten „Neuen Kompass für die digitale Zukunft“ wurden Rahmenbedingungen für eine humane Technik formuliert. Gefordert wird eine Zerschlagung von Technologiemonopolen, die Gestaltung offener digitaler Technologie, „die repariert, angepasst und verändert werden kann“ sowie die „Verwendung und Verwertung von Daten nur nach dem Prinzip des Gemeinwohls“. Durch Mobilisierung der globalen Vernetzung soll „kollektive Handlungsfähigkeit“ erreicht werden. Das Bewusstsein für die ökologischen und sozialen Kosten von digitalen Technologien müsse geschärft („Das Internet ist nicht gratis“), „Klimaneutralität“ in der digitalen Industrie umgesetzt werden.

Ein informativer von Stefan Wally moderierter Abend mit über 70 Teilnehmenden in einer Kooperation der Robert-Jungk-Bibliothek für Zukunftsfragen mit der Energie- und Klimastrategie „Salzburg 2050“ des Landes Salzburg. Ein Interview mit Christopher Frauenberger wird demnächst auf JBZ TV online verfügbar sein.

Bericht: Hans Holzinger.