Welche veränderten Arbeitserfahrungen machen wir in der Pandemie und welche gesellschaftlichen und politischen Lehren ziehen wir für die Arbeitswelt der Zukunft? Gelingt eine auch einkommensmäßige Aufwertung der Sorgetätigkeiten oder bleibt es beim einmaligen Applaus? Welche Chancen bietet Arbeiten von zuhause und welche Risiken birgt es? Ist es möglich und sinnvoll, zum alten Ziel der Vollbeschäftigung zurückzukehren, oder brauchen wir neue Formen der Grundsicherung? Dies war Thema der 52. Ausgabe von Projekte des Wandels – diesmal In Kooperation mit der AK Salzburg, der Armutskonferenz und dem Runden Tisch Grundeinkommen. Hier die Ergebnisse. Auf JBZ TV können die Referate nachgesehen werden. Und hier der Link zu einer COVID19-Befragung der AK Salzburg.

Ines Grössinger von der AK Salzburg belegte mit Zahlen, dass die „systemrelevanten Berufe“ in der Pandemie mehrheitlich von Frauen geleistet werden: 88 Prozent der 49.000 Kinderpädagogi*innen in Salzburg sind Frauen, 82 Prozent der 79.500 im Gesundbereich Tätigen sind ebenfalls weiblich. Ähnlich hoch ist der Frauenanteil im Einzelhandel oder Reinigungsgewerbe. Die meisten der von Frauen dominierten Wirtschaftssektoren seien deutlich schlechter entlohnt als die männerdominierten, so Grössinger, die auch Studien zitierte, die zeigen, dass sich in der Pandemie durch Homeoffice und Homeschooling die Rollenklischees im Bereich der Hausarbeit wieder verschärft haben. [Mehr siehe Folien „Geschlechtergerechtigkeit]. Im Wordcafé wurden Vorschläge für eine Neubewertung unterschiedlicher Tätigkeiten sowie von Arbeit generell diskutiert. Arbeitszeitverkürzungen würden die Vereinbarkeit von Beruf und Sorgearbeit unterstützen. Notwendig sei aber mehr Bewusstseinsarbeit und gesellschaftspolitischer Druck [Ergebnisplakat Geschlechtergerechtigkeit].

Hans Holzinger von der JBZ gab einen Überblick über aktuelle Studien zu Homeoffice [Folien], das aufgrund der Pandemie deutlich zugenommen hat. So arbeiten laut einer IFES-Umfrage aktuell 40 Prozent der Beschäftigten in Österreich (auch) von zuhause aus. Auch wenn Homeoffice auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt und offensichtlich ein Bildungsprivileg ist: Knapp 64 Prozent jener mit Uniabschluss und über 50 Prozent jener mit Matura arbeiteten im ersten Lockdown in Österreich von zuhause aus. Beschäftigte mit Lehrabschluss waren stärker von Kurzarbeit, jene nur mit Pflichtschulabschluss auch mehr von Arbeitslosigkeit betroffen. In seinem Fazit betonte Holzinger, dass Homeoffice auch nach der Pandemie bleiben werde und klarer arbeitsrechtlicher Regelungen bedürfe. Vorteilen wie mehr Zeitautonomie oder das Wegfallen der Pendelwege stehen Risiken wie die Entgrenzung der Arbeit sowie das freiwillige „Mehrarbeiten“ entgegen. Erfahrungen, die auch im Worldcafé [Ergebnisplakat] eingebracht wurden.

Margit Appel, Expertin für ein bedingungsloses Grundeinkommen, schilderte zunächst die negativen Folgen der Pandemie, die insbesondere sozial Schwächere treffen und alte Rollenmuster aktivierten. Als sinnvolle „Intervention“ zur Absicherung der Grundbedürfnisse sowie zur Auflösung des verengten Arbeitsbegriffes bezeichnete sie ein bedingungsloses Grundeinkommen, das durch die Coronakrise an Aktualität gewonnen habe. Hier der Input von Margit Appel zum Nachlesen. Im Worldcafé mit Appel und Georg Sorst vom Runden Tisch Grundeinkommen Salzburg wurden die Chancen eines solchen Grundeinkommens benannt, etwa ein fairerer und entspannterer Arbeitsmarkt, mehr kreative Entfaltungsmöglichkeiten, die positiv auf die Gesellschaft zurückwirkten. Zugleich wurden offene Fragen wie die Finanzierbarkeit oder die Verbindung mit anderen Sozialleistungen besprochen [Ergebnisplakat Grundeinkommen].

Die von Carmen Bayer von der Salzburger Armutskonferenz moderierte Veranstaltung lebte von den spannenden Inputs der Referierenden ebenso wie von der Möglichkeit des Austauschs in den Kleingruppen des Worldcafés – ein für die JBZ interessantes Experiment für digitale Partitizipationsformate (so sehr wir uns auf persönlichen Austausch wieder freuen!).