Im JBZ Arbeitspapier 78 betrachtet Sascha Mamczak die Zukunft als kulturelles Artefakt und plädiert für ein neues Verständnis des Zukunftsdenkens.

Eine traditionelle Theorie der Zukunft sei schwierig, da die Zukunft nicht empirisch verifiziert, sondern nur antizipiert werden könne. Die Zukunftsforschung befasse sich daher pragmatisch mit Szenarien, wobei im
öffentlichen Diskurs die Zukunft oft als Berg zur Eroberung behandelt und in isolierte, konjunkturelle „Zukunftsthemen“ zerlegt werde. Diese gängige Vorstellung sei defizitär und ignoriere Ereignisse außerhalb menschlichen Einflusses. Das heutige westliche Zukunftsmodell, das die Zukunft traditionell
als prinzipiell offene und planbare Zeit betrachte, stoße an seine Grenzen, da die Zukunft durch existenzielle Bedrohungen wie die Klimakrise „negative Faktizität“ gewonnen habe.

Das gegenwärtige Denken sei extraktiv, individualisiert, gegenwartszentriert und technikzentriert, wodurch die Technik als einziges utopisches Reservoir und die einzige Lösungsstrategie gilt. Dies führe zu Widersprüchen, verlagere Kosten für globale Probleme auf zukünftige Generationen und delegiere Verantwortung auf unerprobte Technologien, anstatt die gegenwärtigen Ursachen zu beheben.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müsse das aktuelle Zukunftsdenken „entzukunftigt“ (defuturing) werden, indem erkannt werde, dass das herrschende Denken nur ein mögliches Zukunftsdenken von vielen sei. Dabei seien drei Aspekte handlungsleitend: intensiv über das wirklich „Neue“ und die mögliche Fremdheit künftiger Epochen nachzudenken. Zukünftigen Menschen in der Gegenwart eine Stimme zu geben, was auch durch Rechtsprechung wie das deutsche Bundesverfassungsgericht 2021 unterstützt werde; und die Erforschung und Organisation neuer kollektiver Zukunftsbilder jenseits alter politischer Grenzen. Die Zukunft als kulturelles Artefakt begleite die Menschheit schon sehr lange, und es gibt nicht nur eine Zukunft, sondern so viele, wie es Identitäten, Gruppen oder Gesellschaften gebe.

Mamczak, Sascha: Die Zukunft als kulturelles Artefakt. JBZ Arbeitspapier 78. Salzburg 2025. 18 S.

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