Wir brauchen neue Zukunftsnarrative

2017 tauschten wir uns wieder mit Ingmar Mundt über seine Zeit in der JBZ aus. Hier ist, was er uns zu sagen hatte:

Was bedeutete für dich der Forschungsaufenthalt in Salzburg?
Der Aufenthalt in Salzburg war eine schöne Gelegenheit, einem eigenen Forschungsthema mal in aller Freiheit nachzugehen – was im Wissenschaftsbetrieb ja eher eine Seltenheit ist. Ein neues Umfeld, eine schöne Bibliothek mit interessanten Mitarbeitern, frei vom Stress des eigentlichen Alltags, schaffen die Möglichkeit, neue Gedanken für meine Forschung zu entwickeln, welche mir sonst vielleicht nicht so gekommen wären. Ich konnte mit Blick auf meine Dissertation große Schritte vorwärts machen und habe durch den Austausch vor Ort einige neue Anregungen mitnehmen können. Ich denke noch immer gerne, an meine Zeit in Salzburg.

Was bedeutet Robert Jungk heute für dich?
Robert Jungk ist für mich der österreichische Heinrich Böll, beide kann ich daher durchaus als Inspiratoren und Vorbilder ansehen. Robert Jungk hat die gesellschaftliche Sicht auf die Zukunft stark beeinflusst und uns gezeigt, dass diese in unserer aller Hand liegt und wir gemeinsam daran arbeiten können. Wir sind ihr nicht ausgeliefert und wir sollten sie auch nicht für Selbstverständlich nehmen. Robert Jungk hat Mut gemacht auf die Zukunft, etwas, dass uns heute vielleicht abhanden gekommen ist. Als Zukunftsforscher fühle ich mich diesem Erbe verpflichtet und nehme den Auftrag gerne an, der Gesellschaft an die Hand zu geben, um unser aller Zukunft partizipativ zu gestalten.

In welche Richtung hast du dich seit dem Stipendium weiterentwickelt und wie sehen deine beruflichen Zukunftspläne aus?
Ich konnte einige neue Erkenntnisse im Bereich der Jugend und Generationenforschung sammeln, die mir mit Sicherheit noch nützlich sein werden. Momentan konzentriere ich mich auf meine Promotion. Danach würde ich gerne mich wissenschaftlich oder im gesellschaftspolitischen Bereich mit Zukunftsfragen beschäftigen.

Hast du bleibende Kontakte, die sich aus der Zeit in Salzburg ergaben?
Ich konnte gute Kontakte zu wissenschaftlichen Einrichtungen in Salzburg knüpfen. Auch zu gesellschaftspolitischen Akteuren und Parteien, welche mich für die nächste Zeit bereits für Vorträge angefragt haben.

Was sind für dich die größten Zukunftsherausforderungen, denen sich die Gesellschaft wird stellen müssen?
Für mich ist dies unser Vorstellung von Zukunft an sich. Der Glaube an den immerwährenden ökonomischen Fortschritt und die damit verbundenen Versprechen nach sozialen Aufstieg stehen heute in der Krise. Wir brauchen neue Zukunftsnarrative, jenseits visionsfreier Politiken grenzenlosen Wachstums. Viele Menschen fühlen sich von der Zukunft bedroht, manche sogar entfremdet. Wir müssen daher neu über unsere gesellschaftliche Zukunft und eines guten Lebens nachdenken, wenn wir unseren sozialen Frieden und unsere demokratischen Errungenschaften nicht wieder verlieren wollen. Wir müssen Demokratie von Kapitalismus entkoppeln und neue Vorstellungen eines sozialen Zusammenlebens schaffen. Einen positven Narrativ der Zukunft für alle Menschen.