dietz2017Geld sei nicht nur das Schmiermittel jeder arbeitsteiligen Wirtschaft, sondern auch ein zentrales Bindeglied jeder bürgerlichen Gesellschaft. Doch ein Zuviel davon sei schädlich, denn „hypertrophe Finanzen“ verursachten „schwere Kollateralschäden“, so in Kürze zusammengefasst die zentrale Aussage des renommierten Ökonomen Raimund Dietz in seiner umfangreichen Abhandlung „Geld und Schuld“. Dietz hat nicht nur sehr früh den Untergang des sowjetischen Sozialismus vorausgesagt, sondern bereits 2006 eine zu wenig beachtete Studie über die bevorstehende Finanzkrise verfasst.

In seinem gut besuchten Vortrag im Rahmen unserer Reihe JBZ-Zukunftsbuch erklärte Dietz die nützlichen Funktionen von Geld, die Tauschvorgänge erleichtern bzw. in einer arbeitsteiligen Wirtschaft erst möglich machen. Probleme entstünden durch die expansive Dynamik der Finanzgeschäfte.

Dietz erläuterte zunächst die Grundprinzipien des Zusammenhangs von Geld und Schulden: Kredite bzw. Schulden erleichtern das Wirtschaften jetzt, stellen aber eine Belastung für die Zukunft dar. Denn Gläubiger-Ansprüche seien immer Verpflichtungen. Ansprüche wollen bedient sein. Schulden könnten nun auf drei Wege bedient werden:

  • Durch Überschüsse des Schuldners = Defizite von jemandem anderen
  • Durch Verkauf von Assets, also Vermögenswerten
  • Durch neue Schulden

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Wenn im großen Stil  Aktien, Staatsanleihen oder andere Finanzanlagen über Kredite gekauft würden, komme es zur Hypertrophie der Finanzmärkte, so Dietz. Es entstehen „Kaskaden von Forderungen“, also lediglich Versprechen auf Einlösung in der Zukunft. Gesprochen wird von „Financial Deepening“. Doch je höher die Gläubigerforderungen, umso höher die Schuldenlast der Schuldner. Das in Geld bewertete Vermögen übersteigt das Geldvermögen mittlerweile um ein Vielfaches. Die virtuellen Finanzvermögen seien somit bedeutend höher als die in Form des BIP gemessene Wirtschaftsleistung (s. Grafik: Vermögensarten in Relation zum BIP (= 1) in den USA).

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So sei es möglich geworden, dass die Geldforderungen an die USA zeitweise das 11-fache des US-BIP ausmachten. Dies ermögliche die großen Handelsdefizite der USA, d.h. dass das Land bedeutend mehr Güter importiert als exportiert. Dietz problematisierte die Praxis der Geldschöpfung durch die Banken, da vergebene Kredite nur begrenzt mit Zentralbankgeld hinterlegt sein müssen. Wie andere auch plädiert der Ökonom für die Überantwortung der Geldschöpfung bzw. Geldmengensteuerung an eine zu schaffende „Monetative“, also öffentliche Einrichtung, die das geschöpfte Geld dem Staat (der „Exekutive“) zur Verfügung stellen soll. Damit könnten sinnvolle Investitionen getätigt und Staatsschulden abgebaut werden.

Link: Monetative Austria

Raimund Dietz über eine neue Geldordnung:

  • Eine Bürgerwirtschaft besteht aus freien Menschen, die sich über Verträge miteinander verbinden.
  • Bürger haben gewisse Kompetenzen an ihren Staat delegiert, der einen Ordnungsrahmen setzt, für äußere und innere Sicherheit sorgt und die Bürger in ihren Anliegen unterstützt (Bildung, Soziales, Umwelt).
  • Der bürgerliche Staat ist gewaltenteilig organisiert. Unserer Vorstellung nach sollte neben die drei bisherigen, gewaltenteilig organisierten Säulen – die Legislative, Exekutive und Judikative – eine vierte Säule treten: die MONETATIVE. Sie ist nur zuständig für die Entscheidung, wieviel Geld in die Wirtschaft injiziert werden soll.
  • Die MONETATIVE schenkt das Geld an die Exekutive. Es fließt in das allgemeine Budget ein, das vor allem aus Steuern (Zwangsabgaben) finanziert wird. Darüber darf die MONETATIVE auch weiterhin Kredite an die Geschäftsbanken vergeben.
  • Die Legislative entscheidet über die Verwendung des neuen Geldes. Die Exekutive gibt das Geld aus.
  • Die Judikative überwacht die Gesetzmäßigkeit der Vorgänge.
  • Die Entscheidung über die Verwendung vorhandenen Geldes (Kauf von Gütern, Finanzierung = Kauf von Rechtstiteln) ist Sache der Bürgergesellschaft, in welcher der Staat (der Souverän) das mächtigste Wirtschaftssubjekt ist.