Demokratie bedeute gemeinsam um Lösungen für anstehende Fragen zu ringen, so Katharina Stemberger in einem der Erzählcafés im Rahmen von DIALOG 2019 des Landes Salzburg. Die Schauspielerin, bekannt u.a. aus Fernsehserien wie Soko Kitzbühel oder Rosenheim-Coops, fand klare Worte: „Flüchtlinge kommen nicht zu uns, weil hier das Schnitzel so gut schmeckt“, sondern weil sie von Krieg und Gewalt bedroht sind. Grenzen ohne Tore seien unmenschlich, aber auch unsinnig. Die populistische Stimmungsmache verunmögliche eine humane und rationale Politik: „Man macht Leuten Angst, um sie dann davor zu retten.“

Im Gespräch mit Marietta Oberrauch von akzente Salzburg erzählte Stemberger, seit 2016 Vorstandsvorsitzende des Integrationshauses Wien, warum sie sich in der Flüchtlingsbewegung engagiert. Ihre einfache und klare Antwort: „Weil wir praktische Lösungen brauchen, um Menschen in Not zu helfen.“ Jedes Engagement für eine humanere Welt mache Sinn, auch wenn es noch so klein sei: „Nichts ist umsonst.“ Wenn ein Haus brenne, könne man davon laufen, einen Beschwerdebrief wegen zu geringer Sicherheitsvorkehrungen verfassen, oder helfen, den Brand zu löschen, so der Vergleich der Schauspielerin.

Zur Information: Das Integrationshaus, das 1992 vom Musiker Willi Resetarits sowie der Sängerin und Schauspielerin Beatrix Neundlinger gegründet wurde, ist ein Kompetenzzentrum in der Betreuung von Asylwerbern. Es bietet nicht nur über 150 Männern, Frauen und Kindern Unterkunft, sondern stellt auch alles bereit, was sie brauchen. Vom Sprachkurs, über psychologische Betreuung bis zur unabhängigen Rechtsberatung.

Schauspielerin Katharina Stemberger im Erzählcafé mit Marietta Oberrauch, akzente. Foto: Felix Weinberger

Katharina Stemberger zur Abschiebung von Lehrlingen: „Schlau ist das nicht“

Österreich habe viel Erfahrung in der Aufnahme von Flüchtlingen: „Wenn wir etwas können, dann ist es helfen.“ Als Filmproduzentin machte sich Stemberger zusammen mit ihrem Mann Fabian Eder durch gesellschaftspolitisch relevante Filme wie „Griechenland blüht“ (2011), „Lampedusa – keine Insel“ (2014) oder „Wohin und nicht zurück“ (2015) einen Namen. Mit ihrem Engagement möchte sie informieren und Andersdenkende zum Gespräch einladen. Es gäbe kein Patentrezept, aber wichtig sei, so die Künstlerin, auf Menschen zu zu gehen, sie mit ihren Ängsten und Vorurteilen zu konfrontieren. Und auch öffentlich Stellung zu beziehen. So kritisierte Stemberger auch die gegenwärtige Abschiebepolitik in Österreich, etwa von Lehrlingen, die aus ihrer Ausbildung herausgerissen werden: „Schlau ist das nicht“.

Seppi Sigl von der Privatbrauerei Trumer im Erählcafé mit Hans Holzinger, JBZ
Foto: Felix Weinberger

Bierbrauer Seppi Sigl: „Die digitalen Filterblasen verlassen“

Die eigenen digitalen Filterblasen zu verlassen und sich wieder in analogen Foren zu treffen, um miteinander ins Gespräch zu kommen – dafür plädierte auch Seppi Sigl in einem weiteren Erzählcafé mit Hans Holzinger von der Robert-Jungk-Bibliothek. Er wünsche sich ein weltoffenes Salzburg und habe sich daher, als Menschen aus dem Syrienkrieg zu uns flüchteten, selbst engagiert. Auch Unternehmen hätten soziale Verantwortung, die über den eigenen Tellerrand hinausgehe. In seinem mittlerweile verpachteten Lokal „Trumerei“ machten junge Syrer eine gastronomische Lehrlingsausbildung, mit der „Syrian Po up Kitchen“ wurden Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammengebracht und Sprachkurse des Caritas Flüchtlingshauses Mülln unterstützt.

„Wir dürfen uns nicht in Ängste hineintreiben lassen, wir müssen miteinander gesellschaftlich vorangehen“, damit brachte Sigl den Anspruch an eine offene Gesellschaft auf den Punkt. Vorbild ist Sigl auch mit seinem Unternehmen, der Trumer Privatbrauerei in Obertrum, die sich der Gemeinwohlökonomie-Bewegung angeschlossen hat und auf eine ganzheitliche Bilanzierung setzt, in der neben finanziellen auch soziale und ökologische Kriterien berücksichtigt werden. Beim Essen und Trinken kommen Menschen zusammen, der Austausch über Gerichte und Kochrezepte könne über Landesgrenzen hinweg vermitteln, so Sigl, der vor kurzem ein gastrosophisches Forum in Salzburg ins Leben gerufen hat.

Kenno Adeeb von der Syrian Pop up-Kitchen beim Erzählcafé mit Seppi Sigl in der Trumerei. Foto: Felix Weinberger

Die Sozialkapitalforschung sagt, dass wir eigene Wir-Gruppen brauchen, in denen wir uns wohlfühlen, weil wir uns ähnlich sind (der Fachbegriff lautet „Bonding“), dass es aber auch das Brückenschlagen zu denen braucht, die ganz anders sind oder ganz anders denken („Bridging“). In der Frage Migration, Flucht, Integration gibt es in der Regel zwei Lager: Jene, die dafür und jene die dagegen sind. Im Erzählcafé mit Seppi Sigl, an dem sich auch der Koordinator der Syrian Pop up-Kitschen Kenno Adeeb und Sigls ehemaliger Lehrling Mohammed Alsheikh beteiligten, wurde bekräftigt, dass Integration am besten im Alltag gelingt. Arbeitsmöglichkeiten für geflüchtete Menschen, sprachliche Verständigung und gelingende Nachbarschaftsbeziehungen im Wohnumfeld bieten hierfür gute Chancen.

„DIALOG 2019. Der Salzburger Weg der Integration“ ist ein Projekt des Landes Salzburg mit unterschiedlichen Partnern. Die Erzählcafés „Übers gute Zusammenleben reden“ waren ein Teil der Abschlusstage des Jahresprojekts. Insgesamt fanden sieben Erzählcafés in unterschiedlichen Salzburger Lokalen statt: Neben Katharina Stemberger und Seppi Sigl waren die Rapperin Yasmin Hafedh (im Bild mit Dagmar Ziegler in der Academy Bar), der Schauspieler Cornelius Obonya (im Bild mit Landesrätin Andrea Klambauer), der „Flüchtlingspfarrer“ Alois Dürlinger (im Bild mit Landesrätin Andrea Klambauer), der Salzburger Schriftsteller Robert Kleindienst (im Bild mit Ewald Hiebl) sowie der Spitzensportler Felix Gottwald (im Bild mit Marietta Oberrauch) zu Gast.

Rapperin Yasmin Hafedh im Gespräch mit Dagmar Ziegler in der Academy Bar. Foto: Felix Weinberger
Erzählcafe mit dem Schauspieler Cornelius Obonya im Café Mozart. Im Bild mit Landesrätin Andrea Klambauer und Moderatorin Marietta Oberrauch. Foto: Melanie Reinhardt
Erzählcafe mit dem Spitzensportler Felix Gottwald im Café Kolwalkski in Riedenburg. Foto: LMZ/DIALOG 2019
Erzählcafe mit „Flüchtlingspfarrer“ Franz Dürlinger, Fanz Neumayer und Landesrätin Andrea Klambauer im Cafe 2020Grad, Nonntal. Foto: Melanie Reinhardt
Erzählcafé mit dem Schriftsteller Robert Kleindienst im Café Wernbacher. Im Gespräch mit Ewald Hiebl, Universität Salzburg. Foto: Dagmar Ziegler

Die JBZ ist Partnerin von DIALOG 2019, Dr. Birgit Bahtic-Kunrath von der JBZ war gemeinsam mit Mag. Franz Neumayer vom Land Salzburg für die Umsetzung des Projekts verantwortlich. Die Erzählcafés wurden von Dagmar Ziegler von bepart organisiert. Dank gilt auch Felix Weinberger, Melanie Reinhardt und Dagmar Ziegler für die schönen Fotos sowie Johannes, dem Techniker.