Mehr als Ein Drittel der Dachflächen in Österreichs Städten sind sehr gut für Solaranlagen geeignet, weitere 25 Prozent gut. In Salzburg wäre das eine Fläche von 700.000 m². Nachzulesen im Masterplan 2025 von Smart City Salzburg. Darin zu finden ist auch das Ziel, dass bis zur Mitte des Jahrzehnts zumindest 140.000 m² Sonnenkollektoren verlegt werden sollen. Zum Vergleich: Hier im Stadtwerkeareal haben wir eine Fläche von 2000 m2 Solarfläche. Erneuerbare Energiegemeinschaften können und sollen dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Was Energiegemeinschaften sind, wie sie funktionieren, was sie für die Energiewende bedeuten und wie man als Bürger und Bürgerin oder als Unternehmen mitmachen kann – darum ging es in der Projekte des Wandels-Veranstaltung gemeinsam mit Smart City Salzburg, moderiert von Hans Holzinger. Hier ein Kurzbericht. Der Videomitschnitt der Veranstaltung ist demnächst auf JBZ TV zu finden.

Patrick Fuchs von der Österreichischen Koordinationsstelle für Energiegemeinschaften gab zunächst eine Einführung mit Folien, ehe wir uns mit den weiteren Experten vertiefenden Fragen widmeten. Energiegemeinschaften sind ein neues Modell am Energiemarkt, in dem sich Erzeuger und Verbraucher von Energie zusammenschließen. Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen (GEA) gibt es schon seit einigen Jahren. Dieses Modell bietet die Möglichkeit Strom innerhalb eines Grundstückes gemeinschaftlich zu produzieren und zu verbrauchen (z.B. die gemeinschaftliche Nutzung einer PV-Anlage durch mehrere Parteien eines  Mehrparteienhaus). Mit dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz 2021 wurden die Voraussetzungen für Energiegemeinschaften geschaffen, darunter fallen sowohl Bürgerenergiegemeinschaften (BEG), als auch Erneuerbare-Energiegemeinschaften (EEG). Während Bürgerenergiegemeinschaften ab Mitte 2023 österreichweit agieren können (aktuell nur innerhalb des Konzessionsgebiets eines Netzbetreibers), sind Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften lokal bzw. regional beschränkt. Dafür haben Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften u.a. den Vorteil finanzieller Begünstigungen, etwa in Bezug auf die Netzgebühren.

Lokale Energiegemeinschaften können zwischen Haushalten, Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen innerhalb eines Trafo-Rayons eingegangen werden, sind daher nur in Stadtteilen oder Straßenzügen möglich. Regionale Energiegemeinschaften beziehen sich auf die Reichweite eines Umspannwerks, was eine ganze Stadt oder auch mehrere Gemeinden umfassen kann. Im Bild unten: Die möglichen Rayons für lokale und regionale EEGs am Beispiel der Strubergasse. Der Hauptzweck von EEGs darf nicht im finanziellen Gewinn liegen – als Rechtsträger kommen ein Verein, eine Genossenschaft oder andere Personen- und Kapitalgesellschaften in Frage. Großunternehmen sowie Energieversorger sind ausgeschlossen. Der Preis für den in der EEG vertriebenen Strom wird von den Mitgliedern festgelegt – nur der nicht verbrauchte Strom wird an den Energieversorger abgegeben. Auch bleibt die Versorgung durch den bisherigen Stromversorger aufrecht, sollte zu bestimmten Zeiten in der EEG zu wenig Energie produziert werden. Auch Gemeinden können sich an EEGs beteiligen.

Die Netzbetreiber sind verpflichtet, die Erzeugungs- und Verbraucherdaten im Viertelstunden-Rast zu messen und zur Verfügung zu stellen sowie die Verrechnung zwischen den Partnern zu ermöglichen. Vorrausetzung hierfür sind Smart Meter, also digitale Stromzähler mit Auslesung der Viertelstundenwerte. Für den größten Teil des Bundeslands Salzburg ist die Salzburg Netz GmbH der zuständige Netzbetreiber. Daniel Reiter berichtete, dass sein Unternehmen auch Auskunft über die Lokal- und Regionalbereiche (also die Versorgungsgebiete von Trafostationen bzw. Umspannwerken) gibt. Mit der Verrechnung der Energiegemeinschaften werden nun erste Erfahrungen gesammelt.

Das Land Salzburg unterstützt die Errichtung von Energiegemeinschaften mit Informationen zu den Voraussetzungen, den passenden Rechtsträgern sowie der Umsetzung der Projekte. Mittlerweile gäbe es erste Pilotprojekte und Erfahrungen auch in Salzburg, so Fionn Herold vom Salzburger Institut für Raumordnung, das die Unterstützung im Auftrag des Landes Salzburg durchführt. Neben den finanziellen Vorteilen gehe es auch um Pionierarbeit für neue dezentrale Energielösungen, so Herold.

Dass die Bildung von Energiegemeinschaften Idealismus, Engagement und Sachkundigkeit erfordert, bestätigte Franz Kok, Obmann der Ökostrombörse Salzburg, in seinem Input. Wenn das Ziel, bis 20217 acht bis zehn Prozent des Stroms aus EEGs zu gewinnen, erreicht werden soll, dann bedeute dies für ein Bundesland wie Salzburg einen Jahresumsatz von ca. 15 Mio. Euro. Das sei nicht trivial. Die Ökostrombörse ist neben anderen Dienstleistern ein Anbieter für die Umsetzung von EEGs. Zu Vorsicht bei unseriösen Dientleistern für EEGs warnt Kok: Die Gebühren einiger Anbieter sind so hoch wie die zu erwartenden Einsparungen aus dem Bezug von Ökostrom für die Mitglieder einer EEG. Als ein bereits realisiertes Projekt gilt SINNHUB, ein Kleinwasserkraftwerk am Salzburger Almkanal. Für Juli 2022 ist die Inbetriebnahme einer EEG in Thalgau geplant, rund 20 Teilnehmer:innen werden vorerst dabei sein.

Mit 44 Teilnehmenden vor Ort und 45 Online-Teilnehmenden war die Veranstaltung sehr gut besucht. Es gab zahlreiche Fragen und Beiträge aus dem Publikum, das Ziel, zu vermitteln, wie EEGs funktionieren, wurde bestens erreicht, zeigte sich Josef Reithofer von Smart City Salzburg zufrieden.

Kontakte:
http://www.energiegemeinschaften.gv.at info@energiegemeinschaften.gv.at, Hotline 01 532 39 99
fionn.herold@salzburg.gv.at; https://www.salzburg.gv.at/themen/energie/energiegemeinschaften
https://www.salzburgnetz.at/stromnetz/energiegemeinschaften.html ; https://www.oekostromboerse.at/