„Unsere technologische Zivilisation basiert auf einer Plünderungsökonomie“. So lässt sich der Befund des an der Universität Oldenburg lehrenden Umweltökonomen Niko Paech zusammenfassen. Am 14. und 15. Oktober 2014 war er auf Einladung der Leopold-Kohr-Akademie und der Robert-Jungk-Bibliothek in Salzburg, um über die „Perspektiven einer Postwachstumsökonomie“ zu diskutieren. Unser Wirtschafts- und Konsummodell sei nicht nur ressourcenintensiv, es sei auch auf Schulden gebaut. Zudem stoße es auf psychische Wachstumsgrenzen. Da wir gar nicht die Zeit hätten, alle Güter zu nutzen, die wir anschaffen, entstehe Konsumstress, so Paech. Die Verdichtung des Berufs- und Freizeitlebens durch die Digitalisierung überschreite die menschlichen Verarbeitungskapazitäten, die Folge seien Burnout-Störungen sowie eine Zunahme von Depressionen: „Die Ratgeberliteratur für ein besseres Zeitmanagement boomt, die Ratlosigkeit aber auch“, meint der Umweltökonom.
Die Suche nach neuen, Erwerbsarbeit und Konsumgüter reduzierenden Lebensstilen sei daher nicht nur aus ökologischen Gründen geboten, sondern auch Selbstschutz. „Befreiung vom Überfluss“, so der Titel des 2012 erschienenen Buches von Paech, wäre demnach die lohnende Zukunftsperspektive. Der Autor schlägt im Durchschnitt 20 Wochenstunden vor, die weiterhin mit Erwerbsarbeit verbracht würden, ergänzt um Eigen- und Gemeinschaftsarbeit, die vom Selber-Kochen über die Wiederentdeckung des Gärtnerns bis hin zum Reparieren von Dingen reicht.
„Grün angepinseltes Weiter-So wie bisher hilft uns nicht weiter“
In seinen Vorträgen im Saal der Salzburger Nachrichten, am BORG Oberndorf sowie in der Robert-Jungk-Bibliothek entwarf Paech das Zukunftsbild einer Wirtschaft, in der Reparatur- und Instandhaltungs-Services eine wichtige Rolle spielen werden. Denn neben dem Weniger-Konsumieren, was keineswegs Verzicht, sondern mehr Autonomie bedeute, erfordere der ökologische Wandel ein bedeutend längeres Nutzen der Güter. Die regionale Wirtschaft würde neu belebt, das Prinzip der kurzen Wege wieder an Attraktivität gewinnen, ist Paech überzeugt.
Die Umsteuerung könne nicht gelingen, das machte der Vortragende deutlich, wenn wir lediglich die alten Produkte durch neue ersetzen, etwa Benzin getriebene Fahrzeuge durch Elektromobile, die fossilen Energieträger durch Windräder und Photovoltaik. „Grün angepinseltes Weiter-So wie bisher hilft uns nicht weiter“, so die klare Aussage des Wachstumskritikers. Wir müssten uns entscheiden zwischen Nachhaltigkeit und Billigprodukten eines globalisierten Weltmarktes, denn beides sei nicht zu haben. Ein höherer Grad an Selbstversorgung in der Region mache auch krisenresistenter, meinte Paech mit Blick auf weitere Finanz- oder Ressourcenkrisen.
Dass die Suche nach Alternativen bei vielen Menschen spürbar ist, machte das rege Interesse an den Vorträgen deutlich. Dabei kann auf zahlreiche neue Initiativen wie Gemeinschaftsgärten, Erzeuger-Verbraucher-Kooperativen oder Reparaturcafes verwiesen werden, die in vielen Städten entstehen. Zugleich aber auch auf Vordenker wie Leopold Kohr, dem Vertreter des „menschlichen Maßes“ (wie Ewald Hiebl von der Leopold-Kohr-Akademie berichtete), und Robert Jungk mit seinem Plädoyer für Zukunftsgestaltung von unten durch soziale Erfindungen und neue kreative Lösungen.
Hans Holzinger