Über Neuansätze des Wirtschaftens und ihre Verankerung in der Lehre sowie im Schulunterricht ging es in der 38. Ausgabe der Reihe JBZ-Zukunftsbuch, diesmal in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule Salzburg und dem Fachbereich Geografie der Universität Salzburg. Hier ein Kurzbericht.

 

Gabriele Sorgo: Gabentheorie

Viele unserer Alltagshandlungen basieren auf dem Prinzip der Gabe. Ohne Schenken sei daher die moderne Ökonomie nicht denkbar, so Gabriele Sorgo, Professorin an der Pädagogischen Hochschule Salzburg, Konsumforscherin und Expertin für Gabenökonomie. Schenken basiere dabei nicht auf dem Tauschprinzip, sondern dem Vertrauen, dass die Beschenkten ebenfalls schenken. Als Beispiel nannte Sorgo die Haus- und Sorgearbeit. [Audio 10 MB, Video 36 MB]

 

 

Hans Holzinger: Erweiterter Wirtschaftsbegriff

Für einen erweiterten Wirtschaftsbegriff, der nicht am Markt erbrachte Leistungen ebenso berücksichtigt wie ökologische und soziale Defensivkosten, plädierte Hans Holzinger bezugnehmend auf seine Publikation „Wie wirtschaften?“. Das Format der Publikation als „kritisches Glossar“ zu den Bereichen Wirtschaft, Arbeit, Geld, Ressourcen und Neuansätze ermögliche, der Vernetztheit ökonomischer, ökologischer und sozialer Fragestellungen gerecht zu werden.

 

 

 

Sabine Lehner: Gemeinwohlökonomie 

Einen der Neuansätze des Wirtschaftens, der Unternehmenserfolg ganzheitlich bewertet, stellte in der Folge Sabine Lehner mit dem Konzept der Gemeinwohl-Ökonomie vor. Dieses existiert nicht nur in der Theorie, sondern wird mittlerweile von mehreren hundert Unternehmen angewandt. Ziel sei, so Lehner, die  Unterstützung gemeinwohlorientierter Unternehmen durch neue Marktbedingungen.

 

 

Thomas Jekel: Mulitperspektivische Lehre

Thomas Jekel vom Fachbereich Geografie der Universität Salzburg betonte die Wichtigkeit multiperspektivischer Ansätze im Wirtschaftskundeunterricht – ein Vorhaben, das zumindest für die neuen Lehrpläne der Sekundarstufe mit der Lehrplanverordnung 2016 verankert werden konnte.

 

Edith Killingseder: Neue Ansätze im Wirtschaftskunde-Unterricht

Edith Killingseder, Lehrerin für Geografie und Wirtschaftskunde an einem Salzburger Gymnasium und für Geografie-Didaktik an der Universität Salzburg zuständig, zeigte an Beispielen, wie sie Neuansätze des Wirtschaftens im Unterricht thematisiert, etwa über den Ansatz der Commons von Elinor Ostrom (bisher einzige weibliche Wirtschaftsnobelpreisträgerin) oder die Postwachstumsökonomie von Niko Paech.

 

Die von Andreas Koch, Professor am Fachbereich Sozialgeografie der Universität Salzburg, geleitete Diskussion machte deutlich, dass Wirtschaftswissenschaften als Sozialwissenschaften zu verstehen sind, der enge Begriff des homo oeconomicus überwunden werden müsse und ein erweiterter Wirtschaftsbegriff in die öffentlichen Diskurse sowie in den Unterricht einzubringen seien. Politische Bildung sei ebenso wichtig wie kritische Konsumerziehung.

Die nächste Veranstaltung der Reihe JBZ-Zukunftsbuch findet am 9. April 2018 zum Thema „Grundeinkommen a- alternativlos? statt.

Weiterführende Materialien:

Gabriele Sorgo: Gabenökonomie auf dem Wissensmarkt. Eine historisch-anthropologische Analyse der Netzwerktheorien. In: Zirfas, Jörg (Hg.): Geben und Nehmen. Sozialökonomische Zugänge der Pädagogischen Anthropologie. Weinheim: Beltz Juventa 2017. mehr

Hans Holzinger: Wie wirtschaften? Ein kritisches Glossar zu den Bereichen Wirtschaft, Arbeit, Geld, Ressourcen und Neuansätze. Salzburg, März 2018 (akt. Neuauflage). mehr

Christian Felber:  Gemeinwohlökonomie. das Wirtschaftsmodell der Zukunft. Wien 2010. mehr  | Gemeinwohlökonomie Salzburg. mehr

Thomas Jekel, Herbert Pichler: Vom GW-Unterrichten zum Unterrichten mit geographischen und ökonomischen Konzepten. mehr

Zeitschrift GW-Unterricht:  Bietet eine österreichweite Plattform für schulbezogene fachwissenschaftliche, fachdidaktische und Unterrichtspraktische Diskussionen im Rahmen einer peer-reviewten open access Zeitschrift. mehr

Fotos und Audioaufnahmen: Reinhard Geiger, JBZ