Zentrales Schutzgut aller Menschenrechte ist die Würde jedes einzelnen Menschen. Über den Anstieg der Verwendung des Begriffs Menschenwürde in internationalen Verfassungstexten kann im Zuge einer globalen Völkerverständigung eine Sensibilisierung der gesetzgebenden Organe festgestellt werden, was die Abbildung des Begriffs in den Kernurkunden der Staaten betrifft. Die Herausbildung einer gemeinsamen internationalen Wertegemeinschaft scheint zudem durch die Schaffung von internationalen Menschenrechtsdokumenten nach dem Zweiten Weltkrieg zum Ausdruck zu kommen. In beiden Fällen wurde in diesem Workshop der Tagung ZUKUNFT:INTERNATIONAL kritisch hinterfragt, ob es sich dabei um ein aus Überzeugung normiertes Menschenrechtsverständnis oder bloß um inhaltsleere Normen handelt. Denn: Der zunehmende Nationalismus gefährdet die über Jahrzehnte erarbeiteten gemeinsamen Werte massiv.
Robert Krammer vom Österreichischen Institut für Menschenrechte der Universität Salzburg leitete in den Workshop mit einem Vortrag zum Thema Menschenwürde ein – als Grundlage für die Menschenrechte. Er ging auf den Begriff der Menschenwürde als Wesenskern aller Menschenrechte ein.
Aus historischer Sicht zeichnete er nach, dass sich aus dem vormals philosophischen Begriff eine Rechtsnorm entwickelte. Der Experte zeigte auf, wie die Menschenwürde in Verfassungen von Staaten verankert ist und auf welchen Ebenen politische Zuständigkeiten gegeben sind – von den Vereinten Nationen über den Europarat bis hin zur Europäischen Union und deren jeweiligen Mitgliedsstaaten. Krammer wies aber auch darauf hin, dass zahlreiche nationale Verfassungen zwar die Menschenwürde in ihren Texten verankern, sie offenbar aber nicht entsprechend schützen (zB Saudi Arabien, Somalia); daher müsse hier von einem „Lippenbekenntnis“ gesprochen werden.
Der Vortrag von Stefan Kieberschloss genau daran an – nämlich dass die internationalen Menschenrechtsdokumente, die nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, diese Menschenwürde zu schützen versuchen, was freilich nur gelingt, wenn Staaten das auch wollen. Kieber, ebenfalls Mitarbeiter am Österreichischen Institut für Menschenrechte, stellte die wichtigsten Dokumente und Erklärungen zu den Menschenrechten vor und setzte diese in den Kontext der internationalen Völkerverständigung. In der Folge ging er auf die Gefahren durch die Rückkehr des Nationalen ein: Staaten halten sich teilweise nicht mehr an die internationalen Vereinbarungen oder sie treten aus Verträgen aus; zudem seien die Sanktionsmöglichkeiten zu gering. Staaten können auch nicht zum Beitritt zu Menschenrechtsvereinbarungen gezwungen werden. Die Umsetzung der Internationalen Menschenrechte hänge daher noch immer großteils vom Goodwill der Staaten ab, so der Experte.
Zentrale Thesen aus dem Workshop
In dem von Birgit Bahtic-Kunrath, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Robert-Jungk-Bibliothek, moderierten Workshop wurden folgende Thesen erarbeitet:
- Der Schutz der Menschenwürde erfordert Mechanismen über die Nation hinaus. Die Internationale und Europäische Menschenrechtskonvention sind daher unverzichtbar.
- Wir brauchen ein globales Verständnis von Menschenwürde und müssen uns permanent über die Grundlagen der Menschenrechte verständigen.
- Es gibt einen verstärkten Abbau von Menschenrechten durch gewählte Politiker, die Konsequenzen der Nichteinhaltung von Menschenrechten sind unklar. Daher muss der historische Kontext der Menschenrechte bewusst gemacht werden.