„Was sind Frames und wie beeinflussen sie die politischen Debatten?“ Dies erklärte Markus Weisheitinger-Herrmann anschaulich im mittlerweile 63. Workshop der gemeinsam mit dem Salzburger Bildungswerk und weiteren Partnern durchgeführten MethodenAkademie. An zahlreichen Beispielen machte der Medienexperte deutlich, wie mit Sprache bzw. Begriffen Wahrnehmungen beeinflusst und Ideologien verfestigt werden. Hier ein kurzer Bericht.

Framing ist ein Ansatz aus den Kommunikationswissenschaften und meint wörtlich „Einrahmen“. Begriffe werden so gewählt, dass sie Deutungen vorgeben und ideologische Kontexte suggerieren, ohne dass uns diese bewusst werden. Wer von „Flüchtlingsströmen“ oder „Flüchtlingssflut“ spricht, spielt mit der Kultur der Angst („Wir werden überrollt von Flüchtlingen“). Außen vor bleiben die Menschen in Not und auch die Frage, wo die realen Herausforderungen liegen, etwa in einer koordinierten Flüchtlingspolitik, so Weisheitinger-Herrmann. Begriffe wie „Wirtschaftsflüchtlinge“ oder „Asyl-Tourismus“ legen noch eins drauf, weil sie suggerieren, den Geflüchteten gehe es nur darum, an unserem Wohlstand teilzuhaben. Ein anderes Beispiel: Wer von „Steuerschlupflöchern“ oder „Steuerparadiesen“ spricht, bagatellisiert einen für jeden Staat elementaren Vorgang, nämlich den Verlust an notwendigen Steuern als Solidarabgabe für die Finanzierung öffentlicher Leistungen. Der Begriff „Klimawandel“ verharmlose, so der Experte, die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen. Angebracht wäre der Begriff „Klimakatastrophe“ oder zumindest „Klimaschädigung“, um die Verursachung durch unseren Wirtschafts- und Konsumstil deutlich zu machen. Ein Beispiel aus der aktuellen österreichischen Innenpolitik verdeutlichte die Verharmlosung von Missständen durch Begriffe: Wer von einer „Schredderaffäre“ spricht, assoziiere damit ein Kavaliersdelikt und verniedliche einen Tatbestand der vorsätzlichen Vernichtung von Akten, die dem Parlament oder einem Gericht vorenthalten werden. Neben die Macht der Sprache trete dabei jene der Wiederholung, so der Experte: „Je öfter wir Worte und Sätze hören, die bestimmte Ideen miteinander assoziieren, desto selbstverständlicher wird diese Assoziation Teil unseres alltäglichen Denkens und formt langfristig unsere Wahrnehmung.“ Meister dieser Strategie sei Donald Trump gewesen, etwa wenn dieser wiederholt geäußert habe, dass ihm die „Wahl gestohlen“ worden sei.

Weisheitinger-Herrmann betonte die Wechselwirkung zwischen verwendeten Begriffen und kulturellen bzw. sozialen Kontexten: „Sprache macht Kultur. Und umgekehrt: Kultur macht Sprache“. Notwendig sei daher eine Sensibilisierung für verwendete Begriff in politischen Debatten ebenso wie für das unreflektierte Verwenden solcher Begriffe. Wieder am Beispiel: Wer argumentiert, dass die Flüchtlingsflut eine Übertreibung sei, unterliege der Sprachfalle der Populisten. Vielmehr gehe es darum, andere Kontexte zu erschließen wie die menschenrechtliche Verpflichtung, geflüchteten Menschen Schutz zu gewähren, oder darauf zu verweisen, was wir brauchen, um die Herausforderung gut zu lösen. Der Fachbegriff hier lautet „Reframing“. Weisheitinger-Herrmann, der an Fachhochschulen Medienpädagogik unterrichtet und über das Freie Fernsehen Salzburg FS1 auch Workshops anbietet, betonte, dass das Angehen gegen den Missbrauch der Sprache nicht einfach sei („Populismus kommt an“). Umso wichtiger sei daher Medienerziehung von früh an sowie eine Sensibilisierung für die Problematik und Macht der Sprache in den Medien selbst.

Den Inputs des Referenten folgte eine Gruppenarbeit. An vier Texten konnten die Teilnehmenden in Kleingruppen exemplarisch die Strategie des Framings analysieren. In der abschließenden Feedbackrunde wurde Markus Weisheitinger-Herrmann für den sehr praxisnahen Workshop bedankt. Zudem gab es Anfragen von Teilnehmenden an den Experten für Vorträge zum Thema. Abschließend ein Hinweis: Am 1. Juli 2021 widmen wir uns dem Thema „Sprache und Macht“ in einem Vortrag mit dem Publizisten Heinrich Breidenbach, der in der Reihe JBZ-Zukunftsbuch seine Publikation „Achtung: Wortkeulen. Die Sprachtricks der Schlechtmenschen“ vorstellt.

Bericht: Hans Holzinger