Franz Fischler war von 1995-2004 EU-Kommissar für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung. Aktuell ist er u.a. Präsident des Europäischen Forums Alpach. In seinem Vortrag bei der Tagung ZUKUNFT:INTERNATIONAL ging Fischler insbesondere auf die globalen Herausforderungen für eine nachhaltige Entwicklung ein.

Nicht Werte sondern Globalisierungsängste seien die treibenden Kräfte für den Populismus, zitierte Franz Fischler eingangs eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. 45 Prozent der befragten EU-BürgerInnen sehen demnach die Globalisierung als Bedrohung an, in Österreich sind es sogar 55 Prozent. Und von denjenigen, die Globalisierung als Bedrohung sehen, würden 47 prozent gerne aus der EU austreten, 57 Prozent glauben, dass zu viele Ausländer im Land seien und – was aufhorchen läßt – nur 9 Prozent dieser Gruppe gaben an, dass sie Vertrauen in ihre PolitikerInnen haben.

Fischler plädierte dafür, die Aufmerksamkeit auf die zentralen Zukunftsaufgaben zu lenken und damit auch die Globalisierungsängste hereinzunehmen. Er nannte den Klimawandel, die Digitalisierung, die Urbanisierung, den demografischen Wandel sowie schließlich das Flüchtlings- und Migrationsproblem. Alle diese Herausforderungen seien kompelx und nicht mehr auf nationaler Ebene zu lösen. Ihre Bearbeitung brauche Zeit, was nicht in das „postdemokratische politische Planungsschema“ der schnellen Versprechungen passe. Und es gehe um „Systemlösungen“, in die alle gesellschaftlichen Gruppen, die Unternehmen, die Zivilgesellschaft, die Wissenschaft und Bildung, eingebunden werden müssen.

Klartext sprach Fischler im Zusammenhang mit den Sustainable Development Goals als Zukunftskompass. Es gehe nicht darum, ob die Ziele zu anspruchsvoll seien oder ihre Umsetzung unrealistisch, sondern lediglich darum, „dass das Erreichen dieser Ziele ohne Alternative ist, wenn wir eine nachhaltige Welt im Gleichgewicht haben wollen.“

„Lernen mit Komplexität umzugehen“, „Bildung als Schlüsselaufgabe der Zukunft“, „Koordinierte und strategische Forschung“ sowie „Transdisziplinarität“ und stärkere „Innovationsketten“ nannte Fischler als Lösungsstrategien. Dazu brauche es ein „neues Engagement“ durch „faktenbasierte Dialoge“, die Nutzung der modernen Kommunikationsinstrumente wie Social Media und den Ausbau von fairen Handelsregeln und Global Governance-Strukturen.

In Bezug auf Europa plädierte Fischler für mehr Kooperation, er verwies auf Projekte wie eine „Republik Europa“ (Ulrike Guérot) oder eine neue „Verfassung für die Vereinigten Staaten von Europa“ (Guy Verhofstadt, Daniel Cohn-Bendit), blieb aber pragmatisch, da neue Verträge oder eine EU-Verfassung derzeit schwer machbar seien. Vielmehr gehe es darum, in einzelnen Politikfeldern, der Umwelt- und Klimapolitik, der Steuer- und Finanzpolitik, der Forschungspolitik sowie der koordinierten Migrationspolitik, konkret voranzukommen. Fischler sprach sich für einen Ausbau des EU-Parlaments zu einem „Vollparlament“, ein einheitliches Wahlrecht sowie europäische Wahllisten und europäische Medien aus. Insbesondere warnte er vor den Tendenzen einer illiberalen Demokratie. Seine Überzeugung: „Wenn die im europäischen Grundrechtskatalog postulierten Rechte Bestand haben sollen, braucht es eine klare Richtungsentscheidung in Richtung Fortsetzung der liberalen Demokratie.“ Und die Europawahlen 2019 sollen eine Antwort geben auf die Frage, „was wir künftig miteinander wollen.“

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