Der Tourismus ist einerseits durch seine Mobilität ein relevanter Mitverursacher des Klimawandels, andererseits zählt er zu denjenigen Wirtschaftszweigen, die unmittelbar mit den Auswirkungen des Wandels umgehen müssen. Wird Skifahren im Jahr 2050 ein absolutes Luxusgut? Wird es Weintourismus in den Salzburger Tälern geben? Oder können wir das Ruder noch herumreißen und war dann alles ein Sturm im Wasserglas?

Der Tourismusexperte Christian Baumgartner zeigte in einer Montagsrunde am 1. Juli 2019 – diesmal in Kooperation mit umwelt.service.salzburg und der Klimastrategie 2050 des Landes Salzburg – auf, wo wir heute stehen, was mit mit ziemlicher Sicherheit wissen und welche Spielräume wir haben.

Drei mögliche Szenarien in Bezug auf den Alpentourismus skizzierte der Experte. Ein Weiter wie Bisher-Szenario, in dem halbherzige und zu späte Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels gesetzt werden, würde zu einer Erwärmung um 4-5 Grad führen. Die Folgen: Flucht aus den Städten in den Hitzesommern in kühlere Regionen, Zunahme des Energieverbrauchs durch Klimaanlagen, Beeeinträchtigung des Bergtourismus durch Auftauen von Permafrostböden, was zu Bergrutschungen führt, starker Rückgang des Gletschertourismus, aber zugleich noch mehr Gäste aus sehr heißen Gebieten, etwa dem arabischen Raum. Wasserfälle und Bergflüsse können neue Angebotsrahmen schaffen.

Für möglich hielt Baumgartner aber auch ein Szenario mit einer Erhöhung der Durchschnittstemperaturen auf 6 Grad und mehr. Die zu zögerliche Klimapolitik, die weitere rapide Zunahme von Flug- und Schiffsreisen sowie generell die Zunahme der Menschen, die sich mehr Konsum leisten können, seien plausible Gründe hierfür. Als mögliche Auswirkungen nannte der Experte die Verlagerung des Städtetourismus auf Frühling und Herbst, das Austrocknen bzw. das Kippen der Wasserqualität flacher Seen, der Rückgang des Rad- und Wandertourismus aufgrund zu hoher Hitze sowie die Verlagerung des Seminartourismus aus den überhitzen Städten in die Berge. Baumgartner prognostizierte einen entsprechenden massiven Infrastrukturausbau in den Alpen mit landschaftsökologischen Problemen.

Das dritte Szenario „Das Ruder herumreißen“ würde verstärkte Klimaschutzmaßnahmen erfordern, um den Temperaturanstieg auf maximal 2 Grad zu begrenzen. Der Städtetourismus würde seine Attraktivität erhalten, wenn die Städte grüner werden, das Element „Wasser“ mehr in die Städte geholt wird. Der Alpentourismus würde seine Bedeutung behalten, sich jedoch verändern. Neben einem zurückgehenden und sich weiter verteuernden Skitourismus würden andere Aktivitäten stärker forciert. Etwa die „Inszenierung der Alpen“ durch Aussichtsplattformen, Landart-Projekte u. a. m. – was auch zu einer intensiven Landschafts- und Naturbelastung führen kann.

Generell betonte Baumgartner die Notwendigkeit einer Diversifizierung der Tourismusangebote und die Notwendigkeit von Veränderungen. Dem Klimawandel allein mit noch mehr Schneekanonen zu begegnen, führe in die Sackgasse. Indoor-Aktivitäten würden zunehmen, Schilifte aufgelassen und durch Seilbahnen ersetzt, da diese auch im Sommer genutzt werden können. Tendenziell würde der Winter zum neuen Sommer: „An Nordhängen Schifahren und an Südhängen Wandern und Mountainbiken.“

In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere auf die Rolle des rasant wachsenden Welttourismus für den Klimawandel verwiesen. Dem Ausstoß an Treibhausgasen könne nur durch eine Bepreisung der Emissionen („CO2-Steuer“) begegnet werden, was Reisen verteuern würde. Baumgartner war nicht grundsätzlich gegen Fernreisen, plädierte aber für ein anderes Reiseverhalten: „Je weiter weg das Reiseziel ist, umso länger muss der Aufenthalt sein.“ Was in der Praxis hieße, aus zwei Fernreisen eine zu machen, diese dafür aber intensiver zu gestalten.

Christian Baumgartner ist Landschaftsökologe, Professor für Nachhaltigen Tourismus an der HTW Chur (CH) und Eigentümer von response & ability gmbh. Er arbeitet seit langem zu unterschiedlichsten Themen im Bereich Nachhaltiger Tourismus und Regionalentwicklung. Projekterfahrung in Europa, Asien und Afrika verbindet er mit politischen Beratungen auf nationaler und internationaler Ebene. Der Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen sind naturgemäß ein zentraler Teil seiner Arbeit.