Die Robert-Jungk-Bibliothek wurde von Smart City Salzburg beauftragt, in der Reihe „Projekte des Wandels“ eine Infoveranstaltung zum Thema „Nachhaltiges Bauen“ auszurichten. Das Interesse war groß. Über hundert BesucherInnen waren am 18. November 2019 ins Architekturhaus Salzburg gekommen, um mit Experten und Stadträtin Martina Berthold über „Simple Smart Buildings“ zu diskutieren bzw. über die Frage, was wir von Gebäuden lernen können, die Jahrhunderte überdauern.

V.l.n.r.: Baumeister DI Günter Graupner (Salzburger Kompetenzzentrum Bauforschung), Arch. Franz Seidl (Vizepräsident der zt Kammer), Stadträtin Mag.a Martin Berthold (Umwelt und Bauen), Baudirektor DI Alexander Schrank (Stadt Salzburg Immobilien GmbH, DI Dr. Günter Kain (HTBLA Hallstatt, FH Salzburg), DI Dr. Friedrich Idam (HTBLA Hallstatt, ICOMOS Österreich), Mag. Hans Holzinger (Robert-Jungk-Bibliothek, Moderation) Foto: Nina Mostegl

Neben der Neuordnung der Mobilität sei ökologisches Bauen ein zentrales Zukunftsfeld, so die für Umwelt und Bauen zuständige Stadträtin Martina Berthold in der Einführung. Der Klimawandel heize die Städte auf, was neue Lösungen etwa durch Begrünungen brauche. Aber es gehe auch um das Raumklima und nachhaltige Baustoffe, so Berthold.

Was Naturmaterialien leisten und was wir aus alten Gebäuden hierfür ableiten können, machten die Hauptredner Dr. Friedrich Idam und Dr. Günter Kain von der Höheren Technischen Bundeslehranstalt in Hallstatt deutlich. Sie plädierten dafür, Baustoffe wie Holz, Lehm oder Gestein für das Bauen zu verwenden. Materialien, die regional vorhanden sind, ein angenehmes Raumklima schaffen und lange Lebensdauer garantieren.

Friedrich Idam ist Experte für architektonische Baudenkmalpflege und Bauphysik und als solcher Mitglied der ICOMOS Österreich Monitoring Group, Zuständigkeitsbereich für die UNESCO Welterbestädte „Altstadt von Salzburg“. Er forderte den Erhalt alter Bauten, die meist ein sehr gutes Raumklima und auch eine zufriedenstellende Energieeffizienz aufweisen, sowie eine Wiederbelebung der handwerklichen Bildung, die wir in der Reparaturgesellschaft brauchen werden. Am Beispiel des Burgtheaters in Wien illustrierte Idam das ausgeklügelte Belüftungssystems dieses Altbaus.

Günter Kain, der als Materialwissenschaftler auch an der Fachhochschule Salzburg tätig ist, zeigte an Beispielen, dass Naturmaterialien in Tests häufig Baustoffen wie Zement oder Kunststoffisolierungen überlegen seien. So könne Rindengranulat, ein Abfallprodukt der Sägeindustrie, als wirksamer Dämmstoff eingesetzt werden, um Styropor zu ersetzen. Einfaches Bauen mit lokalen Rohstoffen sei insbesondere für die Länder des Südens von Bedeutung. Selber Bauen könnte aber auch bei uns neu kommen, so Kain.

Die Vortragenden: Di Dr. Friedrich Idam, DI Dr. Günther Kain mit Moderator Mag. Hans Holzinger, JBZ. Foto: Nina Mostegl

In der anschließenden, von Hans Holzinger von der Robert-Jungk-Bibliothek geleiteten Expertenrunde ging es um die Frage, ob nachhaltiges Bauen in Salzburg bereits angekommen ist und wie dieses umgesetzt werden kann. Zudem war das Spannungsverhältnis von Neubau versus Erhalt alter Bausubstanz Thema.

Baumeister DI Gunther Graupner, Geschäftsführer des Salzburger Kompetenzzentrums Bauforschung, bestätigte die Befunde der Referenten. Von seinem Institut durchgeführte Umfragen haben ergeben, dass High Tech Gebäude häufig störanfällig und sehr wartungsintensiv sind. Graupner plädierte dafür, nicht nur die Baukosten, sondern auch die Lebenszyklus- und Wartungskosten von Gebäuden bei der Planung zu berücksichtigen.

Für Architekt Franz Seidl, Vizepräsident der Kammer der ZiviltechnikerInnen, ArchitektInnen und IngenierInnen OÖ und Salzburg, sind  Baumaterialien nur ein Aspekt für nachhaltiges Bauen. Vorwiegend seien Standort- und Raumordnungsfragen sowie Nutzung und Nutzerverhalten für die Nachhaltigkeit von Gebäuden relevant. Der Verwendung von Naturbaustoffen schrieb Seidl derzeit nur eine Nischenfunktion zu, obwohl die Vielfalt und Qualität in den letzten Jahren einen größeren Einsatz erwarten lässt. Die erhöhte Lebensdauer von Wohngebäude muss sowohl bei Lebenszykluskosten wie auch bei Finanzierungsfragen  wesentlich berücksichtigt werden. Gewerbebauten sind eher auf „Kurzlebigkeit“ ausgelegt, da müsste die Recyclingfähigkeit bzw. die Wiederverwendung der Baustoffe in den Vordergrund stehen

Podium: Stadträtin Martina Berthold, Baudirektor Alexander Schrank, Arch. Franz Seidl, Baumeister Gunther Graupner. Foto: Nina Mostegl

Baudirektor DI Alexander Schrank, als Geschäftsführer der Stadt Immobilien GmbH für die städtischen Bauten zuständig, verwies auf moderne Bauten in Salzburg mit hohen Energiestandards, etwa den neuen Bildungscampus in Gnigl oder das neue Paracelsusbad. Schrank brachte das Thema der optimalen Nutzung bestehender Gebäude ein. Über 4000 Wohnungen würden in der Stadt Salzburg leer stehen, diese zu mobilisieren wäre eine wichtige ökologische Maßnahme, da hierfür gar keine Ressourcen verbraucht würden. Dass Altbauten hohe Wohnqualität ermöglichen, bestärkte er an den vielen Gründerzeit-Bauten Salzburgs.

Stadträtin Martina Berthold bekräftigte ihr Vorhaben, in Sachen ökologisches Bauen dran zu bleiben. Geplant sei ein erster Holzbau, eine neue Schule in Lehen. Das vielfältige Know-how zum Thema, das es in Salzburg mit dem Holztechnikum Kuchl und dem Kompetenzzentrum Bauforschung gebe, soll noch mehr genutzt werden. Auch auf die Freiraumgestaltung – Stichwort mehr Grün in die Stadt – müsse noch mehr Augenmerk gelegt werden. Die Mobilisierung leerstehenden Wohnraums könnte durch ein Hauptwohnsitzgebot vorangebracht werden.

Reges Publikumsinteresse im vollen Saal des Architekturhauses Salzburg der Initiative Architektur. Foto: Nina Mostegl

Das Thema „Nachhaltiges Bauen“ wird aktuell bleiben, weil in Zukunft Baustoffe in eine Kreislaufwirtschaft integriert werden müssen. Zudem würden Trends wie Gemeinschaftswohnen, „Coliving“ und „Coworking“, flexible Wohnnutzung oder autoreduziertes Wohnen an Bedeutung gewinnen, so Moderator Hans Holzinger abschließend, der sich bei allen Mitwirkenden herzlich bedankte.

Es war ein erfolgreicher Abend. Exemplarisch hier eine Rückmeldung per Email:

Sehr geehrter Hr. Holzinger,
vielen Dank für „Nachhaltiges Bauen“! Eine gelungene, interessante und informative Veranstaltung und seit langem eine, bei der ich frohen Mutes nach Hause ging.  was wohl der Weitsichtigkeit und den Lösungs“an-denken“ der kompetenten Akteure zu danken ist. Das schreit  nach mehr… 

Unser Dank geht an Smart City Salzburg, die Kammer der ZiviltechnikerInnen, ArchitektInnen und IngenierInnen sowie der Initiative Architektur für die gute Zusammenarbeit. Gedankt sei auch auch dem Gastgeber Dr. Roman Höllbacher, Adriana Falger von der zt Kammer sowie Nina Mostegl vom Smart City Team – sie hat den Abend fotografisch festgehalten. Mehr zu „Simple Smart Buldings“ finden Sie auf der Homepage von Dr. Idam, Bücher zur Stadt der Zukunft finden Sie unter proZukunft

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